DHV Wahl-Check zur Bürgerschaftswahl 2019 in Bremen

Am 26.05.2019 findet die Bürgerschaftswahl in Bremen statt. Für alle Interessierten haben wir hierzu die drogenpolitische Situation in Bremen sowie die Standpunkte der (aussichtsreichsten) Parteien zum Thema Cannabis und Legalisierung zusammengestellt und in Form von Wahlprüfsteinen die genauen Positionen zu wichtigen drogenpolitischen Themen erfragt.

Vorbemerkung
Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht. Die Drogenpolitik einer Partei ist ein Maßstab dafür, wie viel Selbstbestimmung dem Einzelnen von staatlicher Seite eingeräumt wird oder auch nicht. Weitere allgemeine Informationen zur Bürgerschaftswahl (Landtagswahl) in Bremen findet ihr auf Wikipedia. Der Wahl-O-Mat  für die Bürgerschaftswahl in Bremen liefert einen Überblick über die Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Themen.

1. Die aktuelle Situation in Bremen

2. Wahlprognosen

3. Parlamentarische Aktivitäten

4. Wahlprogramme und Antworten auf die Wahlprüfsteine

4.1 CDU

4.2 SPD

4.3 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

4.4 FDP

4.5 DIE LINKE

4.6 AfD

4.7 Bürger in Wut

4.8 Alle Antworten im Überblick

5. Fazit

6. Sagt den Parteien eure Meinung

1. Die aktuelle Situation in Bremen

Der Landtag Bremen wird auch Bremische Bürgerschaft, die Landesregierung auch Senat genannt. Wahlen finden alle vier Jahre statt, im Gegensatz zu anderen Landtagswahlen, deren Turnus fünf Jahre beträgt.

Die aktuelle Landesregierung (Senat) ist wie folgt aufgestellt:
Regierende Parteien‎: ‎SPD und Grüne
Regierender Bürgermeister: Carsten Sieling (SPD)
Abgeordnetenhaus: 83 Sitze
SPD: 30 | CDU: 20 | Grüne: 12 | Die Linke: 8 | FDP: 6 | BiW: 3 | fraktionslos: 4
Abgeordnetenhaus prozentual:
SPD 36,1 % | CDU 24,1 % | Grüne 18 % | Die Linke 12 % | FDP 7,2 % | Bürger in Wut 3,6 % | fraktionslos 4,8 %

2. Wahlprognosen

Laut der Wahlumfrage vom 07.05.2019 kommt die CDU auf 26%, die SPD auf 25%, Bündnis90/Die Grünen auf 18%, Die Linke auf 13% und die AfD auf 8%. Diese Parteien wären damit sicher im Landtag. Die FDP kommt auf 6% und könnte den Einzug in den Landtag verpassen. Aktuellere Wahlumfragen werden hier veröffentlicht. Bei einem ähnlichen Wahlausgang müsste eine Koalition gebildet werden, denn die SPD oder CDU können nicht alleine die Regierung stellen.

3. Parlamentarische Aktivitäten

In der aktuellen Legislatur wurden zu drogenpolitischen Themen folgende Initiativen in der Bremer Bürgerschaft getätigt:

3.1 Parlamentarische Initiativen der CDU

  • Schriftliche Anfrage von Dr. Oğuzhan, Frau Dertwinkel, Frau Neumeyer, Herr Röwekamp (CDU) zum Thema Einem drogenpolitischen Alleingang Bremens entschieden entgegentreten! mit mündlichen Antworten von Dr. Buhlert (FDP) Herr Janßen (DIE LINKE) Herr Yazici (CDU) Frau Wendland (parteilos) Herr Remkes (BiW) Herr Schäfer (LKR) Herr Aulepp (SPD) Dr. Maike Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Pirooznia (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Senator für Inneres Ulrich Mäurer (SPD) vom 22.02.2018 (Bremische Bürgerschaft Drs 19/1529 Seite 4630-4649).
  • Große schriftliche Anfrage von Wilhelm Hinners, Thomas Röwekamp (CDU) zum Thema Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss mit Antworten von Frau Dehne (SPD) Herr Saxe (Bündnis 90/Die Grünen) Herr Erlanson (DIE LINKE) Herr Zenner (FDP) Herr Ehmke Staatsrat im Amt des Senators für Inneres (SPD) vom 24.01.2018 (Bremische Bürgerschaft Drs 19/1177 Seite 4370-4376).
  • Schriftlicher Antrag von Herr Hinners, Dr. Thomas vom Bruch, Herr Röwekamp (CDU) zum Thema Schaffung von drogenfreien Bereichen mit mündlichen Antworten von Herr Senkal (SPD) Herr Zicht (Bündnis 90/Die Grünen) Herr Nelson (DIE LINKE) Herr Zenner (FDP) Herr Strauch (SPD) vom 23.09.2015 (Bremische Bürgerschaft Drs 19/17 PlPr 19/4 Seite 199-204).

3.2 Parlamentarische Initiativen der SPD

Füt die Fraktion der SPD haben wir zum Thema Cannabis und Drogen keine Treffer in der Datenbank der Bürgerschaft gefunden. Allerdings schreibt die SPD in ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine von ihren Aktivitäten:

Über den Bundesrat haben wir einen Antrag für die Ermöglichung von Modellversuchen zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene eingebracht, der aber keine Mehrheit fand. In der Folge hat der Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen auf der Justizministerkonferenz im Frühjahr 2018 gemeinsam mit Thüringen einen Antrag eingebracht, der ebenfalls auf die  Ermöglichung von Modellprojekten zielte, aber ebenfalls keine Mehrheit fand. In der Bremischen Bürgerschaft haben wir nachfolgende Initiativen eingebracht: „Spielräume nutzen für neue Wege in der Cannabispolitik“, „Mehr Gesundheitsschutz und Prävention durch Drugchecking“, „Umgang mit Drogen im Strafvollzug“, „Versorgungs- und Rechtssicherheit für Medizinalhanf-Patienten/-innen“.
Darüber hinaus haben wir uns für eine Anhörung in der Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz zu dem Thema „Zum gesellschaftlichen Umgang mit Cannabis – Neue Wege in der Drogen- und Präventionspolitik“ eingesetzt.

3.3 Parlamentarische Initiativen der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

3.4 Parlamentarische Initiativen der LINKEN

3.5 Parlamentarische Initiativen der FDP

3.6 Parlamentarische Initiativen der Bürger in Wut

  • Anfrage in der Fragestunde von MdB Klaus Remkes (BiW) zum Thema Straftaten unter Rauschgifteinfluss mit mündlicher Antwort von Senator für Inneres Ulrich Mäurer (SPD) vom 31.05.2018 (Seite 5200-5201).
  • Anfrage in der Fragerunde von MdB Klaus Remkes (BiW) zum Thema Cannabis-Delikte von Minderjährigen mit mündlicher Antwort von Senator für Inneres Ulrich Mäurer (SPD) vom 26.04.2018 (Seite 4991-4993).

3.7 Parlamentarische Initiativen der AfD

3.8 Sonstige parlamentarische Initiativen

4. Wahlprogramme und Antworten auf die Wahlprüfsteine

4.1 CDU

Im Wahlprogramm der CDU finden sich keine Hinweise auf die Drogenpolitik der CDU. In den Antworten auf die Wahlprüfsteine des DHV spricht sich die CDU gegen eine Legalisierung und für eine unveränderte Beibehaltung der Strafverfolgung aus. U.a. heißt es dort:

“Die Bremer CDU hält konsequent am Ziel eines suchtfreiem Lebens fest. […] Wir sind gegen Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen, weil der erleichterte Zugang zu Drogen erst recht zum Konsum verleitet. Forderungen nach Drogenfreigabe sind daher keine verantwortliche Alternative zur Suchthilfe. Dies hätte fatale Auswirkungen vor alemm auf Kinder und Jugendliche, denn der Gruppendruck für Drogenkonsum würde erhöht und somit die Schwächsten am stärksten gefährdet.”

“Die Bremer CDU möchte die gesetzlichen Grundlagen zur Strafverfolgung unverändert lassen.”

“Wire wollen den Eigenanbau von Cannabispflanzen für Patienten und für den Eigenbedarf bei Freizeitkonsum nicht erlauben. Die Union hat einen sehr wichtigen Schritt in der Versorgung Schwerkranker gemacht: Wir haben die gesetztliche Grundlage für Cannabis als Medizin und für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geschaffen. Das hilft den Betroffenen unmittelbar.”

“Wir stimmen in Bezug auf Drogenpolitik zu 100% mit der Bundespolitik der CDU/CSU überein.”

“Einen regulierten Markt für Cannabisprodukte lehnen wir ab.”

Die Bremer CDU spricht sich gegen Drug Checking und gegen Modellprojekte aus. Auch möchte sie an der 6-Gramm-Menge für die Anwendung von §31a BtMG beibehalten.

4.2 SPD

Im Wahlprogramm der SPD wird auf Seite 68f. auf Cannabis eingegangen:

“Für eine rationale Suchtpräventionspolitik

Wir halten an der rationalen Drogenpolitik des Senats fest. Dazu gehört, dass wir auf Bundesebene weiter für eine Reform des Betäubungsmittelgesetzes kämpfen werden, um Cannabis zu legalisieren und die kontrollierte Abgabe an Erwachsene zu ermöglichen. Gleichzeitig werden wir weiter unsere erfolgreiche Prävention fortsetzen und stärken. Wir setzen uns für ein Verbot von Werbung für Tabakprodukte, E-Zigaretten und Alkohol ein.”

In den Antworten auf die Wahlprüfsteine des DHV spricht sich die SPD für eine Legalisierung aus. U.a. heißt es dort:

Die repressive Drogenpolitik hat das Ziel der Minimierung des Konsums von Drogen verfehlt. Sie fördert nach Meinung von Expertinnen und Experten eher die organisierte Kriminalität und den
Schwarzmarkt. Wir stehen für einen Paradigmenwechsel, weg von der Kriminalisierung und hin zu mehr Prävention und Aufklärung unter strikter Beachtung von Jugend- und Gesundheitsschutz.

Wir verfolgen das Ziel, den Besitz von Cannabis zum Eigenverbrauch nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, sofern nicht Fremdgefährdung besonders schutzwürdiger Personen, insbesondere von
Kindern und Jugendlichen, gegeben ist. Die Entkriminalisierung ist nicht nur im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten geboten, sondern führt auch zu einer erheblichen Entlastung der Justiz. (…) Wir werden uns weiter für eine Änderung der Rechtslage auf Bundesebene einsetzen. Eine „Insellösung“ für Bremen sehen wir nicht als geeigneten Weg an.

Neben dem Besitz von Cannabis zum Eigenverbrauch sprechen wir uns für einen straffreien Eigenanbau für den Eigenbedarf aus. Auch hier gilt wie für den Eigenbesitz: der Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Cannabis muss ausgeschlossen sein.

Klar ist, wenn es zu einer Legalisierung kommen sollte, sei es auch als Modellprojekt, würden Cannabisprodukte nur in geeigneten und kontrollierten Verkaufsstellen vertrieben werden. Eine Bewerbung von Cannabisprodukten oder die Abgabe an Jugendlichen unter 18 Jahren müsste ausgeschlossen sein. Gleichzeitig wäre der Ausbau von Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen zu forcieren.

Die SPD möchte – vor der Legalisierung – die “geringe Menge” nach §31a BtMG “nur im Einvernehmen mit Niedersachsen” anheben. Sie sprechen sich für Drug Checking und für Modellversuche aus.

4.3 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Im Wahlprogramm der GRÜNEN wird in dem Kapitel Drogenprävention, Jugendschutz und Selbstbestimmung (S.129) auf Cannabis eingegangen. Dort heißt es:

“Drogenprävention, Jugendschutz und Selbstbestimmung .
Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. Wir GRÜNE stehen für eine vernunftgeleitete und humane Drogen- und Suchtpolitik, die Drogen weder verharmlost noch ideologisch verteufelt. Kinder und Jugendliche wollen wir wirksam vor Drogen schützen. Die Selbstverantwortung mündiger Erwachsener wollen wir stärken und ebenso die wirksame Prävention – bei gleichzeitiger Information für Konsument*innen zu Folgen und Risiken. Abhängige benötigen Hilfe. Konsument*innen sollen nicht länger kriminalisiert werden, denn das hat schlimme Folgen für viele und bewirkt nichts. Wir prüfen eine regulierte Abgabe unter staatlicher Aufsicht. Auf Bundesebene fordern wir ein klar geregeltes System für den Anbau, Handel und die Abgabe von Cannabis. Der Verkauf von Cannabis soll unter strenger Wahrung des Jugendschutzes in lizenzierten Geschäften mit geschultem Personal erfolgen. In Bremen wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, ein entsprechendes Modellprojekt auf den Weg zu bringen. Bis dahin soll der Erwerb und Besitz von Cannabis bis zu 15 Gramm und der private Anbau von bis zu vier Cannabis-Pflanzen von der Staatsanwaltschaft Bremen strafrechtlich nicht verfolgt werden. Wir setzen uns auf Bundesebene für eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsum im Führerscheinrecht ein und wollen auf Landesebene die entsprechenden Spielräume nutzen. Wir GRÜNE wollen die zielgruppenspezifischen und niederschwelligen Angebote in der Drogen- und Suchthilfe stärken. Die bestehenden Unterstützungsangebote wollen wir durch ein offenes Angebot für einen Drogenkonsumraum ergänzen. Dort besteht für drogenabhängige Menschen die Möglichkeit, unter hygienischen Bedingungen mitgebrachte Drogen zu konsumieren. Zudem wollen wir in Bremen ein gutes Drugchecking-Angebot schaffen. Dies ermöglicht Konsument*innen, die erworbene Droge auf giftige Beimengungen und die tatsächliche Dosierung untersuchen zu lassen. Erfahrungen aus anderen Städten beweisen, dass sich durch ein solches Projekt Gesundheitsrisiken deutlich reduzieren lassen. Wir GRÜNE fordern eine intensivere Aufklärung über die Gefahren von Alkohol und Tabak. Werbung für diese und andere Drogen lehnen wir ab.”

In den Antworten auf die Wahlprüfsteine des DHV spricht sich B90/DIE GRÜNEN für eine Legalisierung aus. U.a. heißt es dort:

Wir wollen die Cannabis-Prohibition beenden und mit einem Cannabiskontrollgesetz ein klar geregeltes System für den Anbau, Handel und die Abgabe von Cannabis schaffen. Der Verkauf von Cannabis soll unter strenger Wahrung des Jugendschutzes in lizenzierten Geschäften mit geschultem Personal erfolgen.

Bis es auf Bundesebene zu einer regulierten Legalisierung kommt, soll in Bremen der private Anbau von bis zu vier Cannabis-Pflanzen strafrechtlich nicht verfolgt werden.

In Bremen wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, ein entsprechendes Modellprojekt auf den Weg zu bringen.

Die GRÜNE Bundestagsfraktion hat einen Gesetzentwurf für ein Cannabiskontrollgesetz vorgelegt, dem wir uns voll und ganz anschließen.

B90/DIE GRÜNEN möchten – vor der Legalisierung – die “geringe Menge” nach §31a BtMG auf 15 Gramm anheben. Sie sprechen sich für Drug Checking und für Modellversuche aus.

4.4 FDP

Im Wahlprogramm der FDP gibt es gleich mehrere Kapitel zur Drogenpolitik (Seite 73-75):

Sucht und Drogen

Suchtbezogene Probleme sind in unserer Gesellschaft kein Randphänomen. Ein Teil unserer Bevölkerung ist direkt davon betroffen. Neben denen als harte Drogen eingestuften Mitteln wie Heroin, Ecstasy und Kokain, verursachen außerdem der Konsum, die Beschaffung und vor allem der Missbrauch von Alkohol, Nikotin, Cannabis und Tabletten zahlreiche Gesundheitsprobleme. Oftmals wird in diesen Fällen auch das soziale Umfeld der Betroffenen in Mitleidenschaft gezogen. Nicht selten treten bei Mitbetroffenen und sogenannten Co-Abhängigen eigene Störungen, beziehungsweise erhebliche Gesundheitsrisiken auf. Wichtig ist es daher, ein effektives Programm zur Prävention von Drogensucht, insbesondere an Schulen, zu umzusetzen. Ziel unserer Drogenpolitik als Freie Demokraten ist es, ein möglichst selbstbestimmtes Leben der Abhängigen zu erreichen. Zugleich darf die medizinische Wirkung einiger Drogen, beispielsweise Cannabis, nicht außer Acht gelassen werden. Erkrankten sollten sie daher nicht vorenthalten werden. Damit die inzwischen gegebenen Möglichkeiten zur medizinischen Vergabe von Cannabis genutzt werden, ist weiter Forschung nötig, damit dieses, wenn nötig, als Medikament genutzt werden kann. Eindämmung der Beschaffungskriminalität Gesellschaftliche Probleme im Zusammenhang mit Drogen werden in erster Linie nicht durch den Konsum, sondern durch die illegale Beschaffung von Suchtmitteln verursacht. Ziel von uns Freien Demokraten ist, die Beschaffungskriminalität einzudämmen und gleichzeitig Abhängigen zu helfen. Aus diesem Grund unterstützen wir seit Jahren die Abgabe von Ersatzdrogen wie Methadon und fordern die staatlich kontrollierte Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige, denen durch eine Ersatzdroge nicht geholfen werden kann.

Freigabe von Cannabis

Wir Freien Demokraten erachten es zudem als sinnvoll, im Bereich des Cannabis-Konsums eine regulierte Legalisierung bzw. Entkriminalisierung anzustreben. Es ist nicht gerechtfertigt, Menschen für Selbstgefährdung zu bestrafen. Wir teilen diese Einschätzung mit zahlreichen Rechtswissenschaftlern und Experten sowie erfahrenen Praktikern aus den Bereichen Polizei, Justiz, Suchtprävention und Suchtbehandlung. Als prominente Vorbilder könnten hier die Modelle aus den Niederlanden und dem US-Bundesstaat Colorado dienen. Dort ist der Verkauf von Cannabis an Volljährige in entsprechend lizenzierten Sondergeschäften erlaubt. Im Vorfeld geäußerte Befürchtungen, derartige Maßnahmen würden den Drogenkonsum bei Jugendlichen deutlich steigern, erwiesen sich als unnötig. Es wurden vielmehr gegenteilige Erfahrungen dokumentiert, nach denen der Konsum von Drogen in einigen Bereichen sogar gesunken ist und der Drogenschwarzmarkt spürbar geschwächt werden konnte. Cannabis ist allgemeinhin nicht als Einstiegsdroge zu härterem Drogenkonsum anzusehen. Erst durch den Kontakt über illegale Dealer, welche primär an der Abhängigkeit ihrer Kunden und deren Konsum möglichst gewinnträchtiger Drogen interessiert sind, wird in der Regel auch auf härtere Mittel zurückgegriffen. Eine Entkriminalisierung der Droge mindert darüber hinaus den Reiz des Verboten, den sie aktuell auf ihre Konsumenten ausübt. Ein legaler und lizenzierter Verkauf von Cannabis generiert darüber hinaus zusätzliche Steuereinnahmen, welche unmittelbar in Prävention und Behandlung von Drogensucht investiert werden können. Polizei und Justiz könnten in diesem Bereich massiv entlastet werden, da es sich hier überwiegend um Kleinkriminalität handelt. In den meisten Fällen wird lediglich gegen die Gesetze des Anbaus und des Besitzes von Cannabis verstoßen. Die entsprechenden Täter schaden hierdurch vorrangig sich selbst – ein Umstand, der bei Konsumenten von Tabak und Alkohol wie selbstverständlich toleriert wird. Hierbei müssen aber klare Regeln und Sanktionen für den Straßenverkehr auf wissenschaftlicher Basis aufgestellt werden. Eine Teilnahme als Fahrer eines Fahrzeugs im Rauschzustand ist natürlich, genauso wie beim Alkohol, zu untersagen und zu ahnden. Nach unserer Meinung ist eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit bezüglich des Konsums von Cannabis daher ähnlich der von Tabak und Alkohol zu gestalten.

In den Antworten auf die Wahlprüfsteine des DHV spricht sich die Bremer FDP für eine Legalisierung aus. U.a. heißt es dort:

Wir Freie Demokraten halten im Falle von Cannabis Repression und Kriminalisierung für falsch. Zugleich muss es auch bei solcher Art Drogen Prävention, Beratung und Behandlung geben, denn unser Ziel ist, dass Menschen eigenständig und selbstbestimmt leben können. Das gelingt mit einer Suchtkrankheit nicht. Zugleich halten wir es für falsch, wenn Menschen, die nur sich selbst schädigen dafür kriminalisiert und bestraft werden. Die Politik der Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten ist gescheitert. Trotz Strafandrohung konsumieren immer mehr und immer jüngere Menschen Cannabis und
Haschisch. Wir Freie Demokraten fordern Cannabiskonsumenten zu entkriminalisieren.

Das Verbot von Cannabis erleichtert durch den illegalen Kontakt zu Dealern erst recht den Einstieg zu härteren Drogen. Wir setzen uns dafür ein, den Besitz und Konsum für volljährige Personen zu erlauben. Denn nur mit einem kontrollierten Verkauf in lizenzierten Geschäften kann die Qualität kontrolliert und so die Weitergabe von verunreinigten Substanzen verhindert sowie wirklicher Jugendschutz gewährleistet werden. Repression und Kriminalisierung halten wir für eine überholte Säule der Drogenpolitik, da sie nicht den gewünschten Effekt hat und Konsumenten statt Dealer bestraft. Die repressive Drogenpolitik kriminalisiert Menschen statt zu helfen. Durch diese Politik wird der Schwarzmarkt unterstützt und gefördert.
Und nach ein Aspekt: Wenn Cannabis ähnlich wie Zigaretten besteuert würde, könnten jährlich bis zu einer Milliarde Euro zusätzlich eingenommen werden. Dieses zusätzliche Geld soll für Prävention, Suchtbehandlung und Beratung eingesetzt werden.

Wir Bremer Freie Demokraten sprechen uns für einen aufgeklärten und verantwortungsbewussten Umgang mit Drogen aus. Deshalb möchten wir den Besitz von Drogen wie Cannabinoiden, entkriminalisieren, sodass keine strafrechtliche Verfolgung mehr droht. Apotheken sollen dabei als legale Verkaufsstätten dienen, um Erwachsenen den eigenverantwortlichen Konsum zu ermöglichen.
Wir sprechen uns darüber hinaus für ein Modellprojekt in Bremen aus, das die kontrollierte Abgabe von Cannabis einführen und evaluieren soll.

(…) Es wäre somit auch möglich, Cannabissamen aus kontrollierter Herkunft in einer Apotheke zu erwerben, wenn ein eigener Anbau gegenüber dem Kauf favorisiert wird.

Wir setzen uns für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis in lizenzierten Geschäften/an genehmigten Verkaufsstellen an Erwachsene über 18 Jahre ein, die den Jugend- und Verbraucherschutz gewährleisten.

Die FDP möchte – vor der Legalisierung – die “geringe Menge” nach §31a BtMG auf 10 Gramm anheben. Sie spricht sich für Drug Checking und für Modellversuche aus.

4.5 DIE LINKE

DIE LINKE hat sich im Wahlprogramm wie folgt geäußert:

Thema Drogen / Bildung : Des Weiteren fordern wir eine undogmatische Drogenaufklärung in der Schule, in der Jugendlichen beigebracht wird, welche Drogen wie im Körper wirken und welche Nebenwirkungen und Gefahren es gibt. Prävention durch Abschreckung lehnen wir ab, eine nachhaltige funktionale Prävention muss eine umfassende Aufklärung sein.

Drogenpolitik: Prävention statt Repression
Der Krieg gegen die Drogen wird als gescheitert betrachtet, und in anderen Ländern wird der Konsum von Cannabis legalisiert und geregelt. Eine vernünftige Prävention, ein vernünftiger Jugendschutz und die bestmögliche Erhaltung der Gesundheit sind nur unter legalen und entkriminalisierten Bedingungen möglich. Änderungen im bestehenden Betäubungsmittelgesetz können zwar nur auf Bundesebene erwirkt werden,aber wir werden uns in Bremen dafür einsetzen, dass die bereits jetzt schon möglichen gesetzlichen Spielräume endlich genutzt werden. Die Kriminalisierungsoffensive gegen Cannabiskonsument*innen muss gestoppt werden.Stattdessen muss im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten von Anklageerhebungen abgesehen und von Verfahrenseinstellungen Gebrauch gemacht werden. Zudem werden wir uns aus Bremen heraus für eine Modernisierung des Betäubungsmittelgesetzes und für ein Ende des Verbotes von Cannabis auf Bundesebene einsetzen. Auch sehen wir in Bremen das geeignete gesellschaftliche Klima für zukunftsorientierte Modellprojekte im Bereich der Legalisierung, Nutzung und Erforschung von Cannabis.

Drogenhilfe: Unterstützung statt Vertreibung
In der Bremer Drogenhilfe bestimmt das Budget den Bedarf, denn nur so ist es zu erklären, dass Hilfsangebote nicht nach fachlichen Standards, sondern nur nach Kassenlage vorgehalten werden.Obwohl Bremen die zehntgrößte deutsche Stadt ist, gibt es hier keinen der 24 in Deutschland existierenden Drogenkonsumräume und keine Originalstoffvergabe. Die Beruhigung des „Konfliktfeldes Hauptbahnhof“ wird dem Innensenator und intensiver Polizeipräsenz überlassen, während für eine entsprechende Ausgestaltung der Hilfen keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Vertreibung ist für uns kein Mittel der Politik! Wir wollen uns dafür einsetzen, dass auch in Bremen mindestens ein Drogenkonsumraum Bestandteil der Hilfen wird, um einen risikoärmeren und die Anwohner*innen entlastenden Konsum zu ermöglichen
Nur unter diesen Bedingungen kann eine „Safer-use“-Beratung nicht nur theoretisch vermittelt, sondern endlich auch praktisch gelebt werden und so die weitere Ausbreitung von Infektionen (HIV,HCV) verhindern. Um Ansteckungen mit Infektionskrankheiten in den Haftanstalten zu vermeiden, halten wir eine sterile Spritzenvergabe in der JVA für erforderlich. Nach unserer Erfahrung verzichtet fast niemand auf den Konsum, wenn er kein eigenes Spritzbesteck zur Verfügung hat.

Die Kapazitäten  für die Substitutionsbehandlung sind bedarfsgerecht zu erhöhen. Wenn sich  dazu keine niedergelassenen  Ärzt*innen  motivieren lassen, sind die Plätze in den bestehenden  Substitutionsprogrammen entsprechend zu erweitern. Ergänzend zur Substitutionsbehandlung müssen ausreichende Begleitangebote ( psychosoziale Betreuung und Beschäftigung) zur Verfügung stehen, damit eine gesellschaftliche Teilhab e wieder erreicht werden kann. Wir wollen, dass auch in Bremen endlich ein e Diamorphinambulanz aufgebaut wird, um die Schwerstabhängigen zu versorgen, die mit den bisherigen Angeboten nicht zufriedenstellend behandelt werden können. Für substituierte Mütter bzw. Eltern fordern wir eine betreute Wohneinrichtung, in der bei Krisensituationen durch eine enge Betreuung sowohl das Kindeswohl gesichert als auch eine Trennung vermieden werden kann. Die Testergebnisse der von der Polizei beschlagnahmten Drogen sollen – als ein erster Schritt Richtung Drug Checking – veröffentlicht werde n, um die Konsumrisiken zu minimieren. Drogenberatung und Therapievermittlung müssen sowohl im legalen als auch im illegalen Suchtbereich niedrigschwellig und als offene Sprechstunden im Rahmen der bestehenden Café – Angebote zur Verfügung stehen, da viele Nutzer*innen nur auf diesem Weg zu einer Veränderung ihrer Lebenssituation motiviert werden können. Die dort vorgehaltenen ärztlichen Kräfte müssen auch die Möglichkeit zu Hausbesuchen der Klient*innen haben, um ggf. notwendige medizinische Hilfen veranlassen zu können.

In den Antworten auf die Wahlprüfsteine des DHV spricht sich die Bremer LINKE für eine Legalisierung aus. U.a. heißt es dort:

Wir als LINKE halten die Kriminalisierungspolitik für nachweislich gescheitert und schädlich. Die Prohibition verhindert nicht den Konsum von verbotenen Betäubungsmitteln, sondern schafft erst die Voraussetzung für den Schwarzmarkt. Jugendschutz kann durch die Illegalisierung nicht gewährleistet oder kontrolliert werden.

Wir wollen den Eigenkonsum straffrei machen und den Anbau für den Eigenkonsum oder in genossenschaftlichen Strukturen legalisieren. Unser Ziel ist ein legaler, sicherer Zugang zu Cannabisprodukten, der nicht auf Profitorientierung setzt.

Als LINKE sind wir für den legalen Anbau für den Eigenbedarf. Weil nicht alle Konsument*innen selbst gärtnern können oder wollen, unterstützen wir Ideen wie den Cannabis Social Club, also genossenschaftliche, unkommerzielle Räume, in denen gemeinsam angebaut werden darf.

Als LINKE wünschen wir uns ein unkommerzielles Modell, das auf Genossenschaften und Selbstversorgung setzt. Wichtig sind dabei Jugendschutz und Qualitätssicherung, aber auch Prävention und Beratung.

Die LINKE in Bremen möchte – vor der Legalisierung – die “geringe Menge” nach §31a BtMG “deutlich” erhöhen. Sie sprechen sich für Drug Checking und für Modellversuche aus.

4.6 AfD

Die AfD hat in ihrem Wahlprogramm keine Stellung zum Thema Drogen bezogen. Auf unsere Anfrage hat die AfD in Bremen nicht geantwortet. Auf Bundesebene spricht sich die AfD gegen einen legalen Zugang zu Cannabis aus.

4.7 Bürger in Wut

Im Wahlprogramm der Bürger in Wut steht folgendes:

Bekämpfung der Drogenkriminalität:
Offene Rauschgiftszenen und Dealertreffpunkte z.B. in der Bremer Neustadt und im Viertel dürfen nicht geduldet werden. Sie sind nicht nur Anlaufpunkte für Erst- und Gelegenheitskonsumenten, sondern auch Brut­stätten für szenetypische Delikte.
Keine Toleranz gegenüber den „weichen“ Drogen Haschisch und Marihuana. Der Schwellenwert für den straffreien Besitz von Cannabis im Land Bremen ist von heute 15 g auf maximal 2,5 g zu senken.  Eine Liberalisierung oder gar Legalisierung dieser Droge darf es nicht geben. Beim Besitz harter Rauschgifte wie Heroin, Kokain oder Ecstasy muss die Strafverfolgung unabhängig von der sicher­ge­stell­ten Menge obligatorisch sein.
Drogenabstinenz als politische Leitlinie: Keine staatliche Abgabe von Heroin an Süchtige. Bestehende Methadonprogramme sind schrittweise zurückzufahren und schließlich einzustellen.

4.8 Alle Antworten in Überblick

Der Deutsche Hanfverband hat auch zu dieser Wahl seine Wahlprüfsteine an die Parteien geschickt. Die eingegangenen Antworten der Parteien findet ihr hier:

Antworten der CDU für die Wahl der Bürgerschaft in Bremen 2019

Antworten der SPD für die Wahl der Bürgerschaft in Bremen 2019

Antworten der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die Wahl der Bürgerschaft in Bremen 2019

Antworten der FDP für die Wahl der Bürgerschaft in Bremen 2019

Antworten der DIE LINKE für die Wahl der Bürgerschaft in Bremen 2019

Keine Antwort der AfD für die Wahl der Bürgerschaft in Bremen 2019 eingegangen!

5. Fazit

Eine klare Reformpolitik in Drogenfragen ist bei SPD, FDP, Grünen und Linkspartei zu sehen. Zu beachten ist dabei, dass die Linken keinen legalen Handel über Fachgeschäfte fordern, sondern “nur” den legalen Eigenanbau und Anbauclubs. Die SPD Bremen strebt zwar ein Modellprojekt zur Cannabisabgabe in Bremen an und ist einer von vier SPD-Landesverbänden, die die Legalisierung von Cannabis auf Bundesebene fordern, jedoch wollen sie die Möglichkeit einer weiteren Entkriminalisierung von Konsumenten in Bremen nicht nutzen, um eine “Insellösung” zu vermeiden. Entsprechende Initiativen des grünen Koalitionspartners hat die SPD deshalb blockiert.

CDU, AfD und BiW sind aus Sicht einer rationalen Drogenpolitik keine Alternative!

Hanffreunde könnten mit ihren Stimmen für GRÜNE, DIE LINKE, FDP oder auch SPD Einfluss auf die Koalitionsbildung in Bremen nehmen. Hilfreich ist auf alle Fälle, 1. zu wählen und 2. den Parteien auch die Begründung zur Wahl bzw. Nicht-Wahl zu geben:

6. Sagt den Parteien eure Meinung!

Was auch immer ihr wählt, teilt den Parteien eure Meinung mit!

Deshalb nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss: Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat. Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Es reicht ein Einzeiler wie:

LINKE, SPD, Grüne, FDP: “Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

AfD, Bürger in Wut, Liberal-Konservative Reformer: “Ich hätte mir vorstellen können, Sie dieses Jahr bei der Bürgerschaftswahl zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Hier die passenden E-Mail-Adressen der Parteizentralen:

CDU:

SPD:

BÜNDNIS 90/ GRÜNE:

FDP:

DIE LINKE:

AfD:

Bürger in Wut:

Lieberal Konservative Reformer: