Kanada ist der erste G7 Staat auf der Welt, der Cannabis sowohl zu medizinischen als auch genussorientierten Zwecken legalisiert hat. Das medizinische Cannabisprogramm wurde bereits 2001 als zeitlich begrenztes Projekt ins Leben gerufen und ab 2013 durch weitere Gesetzgebungsverfahren dauerhaft formalisiert. Die Legalisierung und Regulierung von Genuss-Cannabis wurde jedoch erst im Oktober 2018 vollendet. Seitdem ist Kanada neben Uruguay das zweite Land auf der Welt, dass Cannabis vollständig reguliert hat.
Marktwirtschaft statt “Staatsgras”
In Kanada ist der kommerzielle Anbau, Vertrieb und Verkauf auch privatwirtschaftlich organisiert im Unterschied zu Uruguay, wo diese Aufgaben durch den Staat bzw. ein staatliches Vertriebssystem in lizenzierten Apotheken erfüllt werden. Dies bedeutet, dass der kanadische Staat Lizenzen an Personen und Unternehmen ausgibt, die ihrerseits auf einem offenen Markt mit ihren Produkten in Konkurrenz treten. Dadurch ergibt sich im Vergleich zu Uruguay ein deutlich größeres Warenangebot sowie ein dynamisches, nicht festes Preissystem. Der Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens ergibt sich also maßgeblich aufgrund von Angebot und Nachfrage. Trotz dieses liberaleren Ansatzes ist bzw. war der Cannabismarkt einigen Einschränkungen unterworfen. So war es z.B. bis Oktober 2019 nicht gestattet Edibles oder Getränke mit THC anzubieten und bis heute gelten strikte Einschränkungen in Bezug auf Werbung, die sich auch in den reglementierten Einheitsverpackungen für Cannabisprodukte niederschlagen.
Anlaufschwierigkeiten und langfristige Erfolge
Als Ende 2018 die ersten Zahlen herauskamen, sahen sich viele Skeptiker der Legalisierung bestätigt: Die Kanadier kauften nur ca. 12% des Cannabis auf dem legalen Markt, der Schwarzmarkt dominierte weiterhin.
Allerdings nahm in den darauf folgenden Jahren der Umsatz des legalen Marktes beharrlich zu und übertraf den Schwarzmarkt im dritten Quartal 2020 erstmals. Ein Jahr später lässt sich feststellen, dass diese Entwicklung weiter anhält. Im vierten Quartal 2021 hat der legale Markt mit einem Umsatz von 1.224 Mrd. kanadischen Dollar (CAD) den Schwarzmarkt mit 660 Mio. CAD deutlich übertroffen. Trotz eines höheren Preisniveaus auf dem legalen Markt deutet sich ein weiterhin stabiler Trend weg vom Schwarzmarkt ab.
Auch in Bezug auf gesundheitliche Aufklärung zu möglichen Gefahren des Cannabiskonsums hat Kanada mit Hilfe einer breit aufgestellten Informationskampagne Erfolge feiern können. Das jährlich erstellte Canadian Cannabis Survey, welches zur Evaluation der Auswirkungen der Legalisierung in Leben gerufen wurde, zeigte in den letzten Jahren eine stetige Zunahme der Aufgeklärtheit in allen Altersgruppen. In Verbindung mit den Altersbeschränkungen beim Verkauf, der Zurückdrängung des Schwarzmarktes und Einschränkungen der Werbung für Cannabis konnte Kanada somit effektiv den Jugendschutz verbessern.
Unterschiede zwischen den Territorien
Die kanadischen Territorien haben das Recht weitere Regeln und Restriktionen hinsichtlich des Umgangs mit Cannabis festzulegen. Daher sind die konkreten Bedingungen von Territorium zu Territorium zum Teil sehr unterschiedlich.
Regulatorisch ist ihnen gestattet festzulegen,
- wie Cannabis verkauft werden darf (z.B. Onlineverkauf)
- wo sich die Fachgeschäfte befinden dürfen
- wie die Fachgeschäfte operativ zu führen sind
- wer Cannabis verkaufen darf
Weiterhin ist es möglich, zusätzliche Einschränkungen für den Umgang mit Cannabis zu erlassen.
Beispiele hierfür sind
- Verringerung der maximalen Besitzmenge
- Erhöhung des Mindestalters (z.B. Alberta ab 18 und Quebec ab 21 Jahren)
- Einschränkungen in Bezug auf den öffentlichen Konsum
- zusätzliche Regularien/Einschränkungen beim privaten Anbau (Quebec: Verbot von Eigenanbau, Manitoba: nur für Patienten, British Columbia: nicht öffentlich einsichtig)