Antworten der SPD Nordrhein-Westfalen auf unsere Wahlprüfsteine für die Landtagswahl im Mai 2017

Hier findet ihr die Antworten des SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen auf unsere Wahlprüfsteine für die Landtagswahl im Mai 2017.

1. Die deutsche Drogenpolitik basiert auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Behandlung, Überlebenshilfe und Schadensminimierung, Repression und Angebotsminimierung. In Deutschland werden weit mehr Ressourcen für Repression als für Prävention ausgegeben. Wie bewerten Sie die Schwerpunktsetzung in der Drogenpolitik? Halten Sie Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?

Es geht in unserer Drogenpolitik nicht um die Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten. Der Schwerpunkt muss immer auf den drei ersten Säulen liegen – übrigens unabhängig davon, ob es sich um legale oder illegale suchtgefährdende Mittel handelt. Ziel ist es Sucht und Suchtursachen wirksam zu bekämpfen. Repression ist unstreitig da wirksam, wo sie sich gegen den Drogenhandel richtet. Konsument*innen werden in NRW im Falle von Hanf-Produkten nur dann mit repressiven Maßnahmen bedroht, wenn sie mehr als die geringe Menge zum Eigenbedarf bei sich führen.

2. Menschen, die Cannabis konsumieren, werden immer noch strafrechtlich verfolgt. Wollen Sie diese Strafverfolgung generell mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

3. Nach dem Urteil des BVerfG von 1994 sollen “Geringe Mengen” für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “Geringen Menge” nach §31a BtmG in Ihrem Bundesland und planen Sie Änderungen?

4. Bremen will den Anbau von wenigen Cannabispflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs in die Verordnung zur “Geringen Menge” aufnehmen. Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Die Fragen 2, 3 und 4 werden zusammen beantwortet. Die NRW-SPD hält an der grundsätzlichen Strafbarkeit des unerlaubten Besitzes, des Anbaus und des unerlaubten Handelns von Cannabis fest. Weil wir jedoch Konsument*innen nicht kriminalisieren wollen, sollen diejenigen, die nur kleinste Mengen Cannabis zum Eigenverbrauch bei sich führen, nicht auch noch zusätzlich strafrechtlich verfolgt werden.

2011 ist durch die neue SPD-geführte Landesregierung in NRW die Eigenbedarfsgrenze im Sinn des § 31 BtMG durch Verordnung wieder auf den Stand des Jahres 2007 angehoben worden; damit können Verfahren beim Besitz von kleinen Mengen – bis zu 10 g – für den Eigenbedarf seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Weitere Änderungen sind nicht beabsichtigt.

5. Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legalen Veräußerung von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Veräußerung von Cannabis an Erwachsene?

Einen Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene sehen wir kritisch. Anders als bei der Substituierung von harten Drogen sehen wir vor allem keine medizinische Notwendigkeit für eine solche kontrollierte Abgabe.

6. Welche Strategie schlagen Sie für die Bewältigung der Probleme an bekannten Drogenumschlagplätzen vor?

Konzepte zur Bewältigung der Probleme an bekannten Drogenumschlagplätzen sind orientiert an den örtlichen Begebenheiten und möglichen, lokalen Besonderheiten umzusetzen. Die Polizei verfolgt konsequent jede Straftat, auch den Besitz und den Erwerb, aber versucht insbesondere die Einfuhr, die Absatzwege und die Hintermänner zu ermitteln. Zur Erfüllung dieser Aufgabe sind die Gemeinsamen Ermittlungsgruppen Polizei-Zoll (GER) eingerichtet worden. Um die Probleme an bekannten Drogenumschlagplätzen zu bewältigen, ist die verstärkte Zusammenarbeit von Polizei und Ordnungsämtern über Ordnungspartnerschaften notwendig. Belästigungen, Vandalismus oder anderes aggressives Verhalten sind nicht zu tolerieren und bei entsprechenden Auswüchsen müssen die zuständigen kommunalen Ordnungsbehörden eingreifen und Grenzen aufzeigen.

7. Ein regulierter legaler Markt bietet die Möglichkeit von Qualitätskontrollen bei Cannabisprodukten. Auf dem heutigen Schwarzmarkt sind der Wirkstoffgehalt sowie mögliche Verunreinigungen und Beimengungen des Cannabis für den Konsumenten nicht ersichtlich. Unter dem Aspekt der Schadensminimierung wäre die Möglichkeit für anonyme Substanzanalysen ein drogenpolitisches Instrument, das auch jetzt genutzt werden könnte. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von illegalen Substanzen wie Cannabis?

Qualitätskontrollen von Drogen wie Cannabis würden voraussetzen, dass die Drogen nach erfolgter Kontrolle wieder an den „Hersteller / Eigentümer“ herausgegeben werden müssten. Da es sich um verbotene Substanzen handelt, kann aber keine Herausgabe erfolgen, so dass es auch keine Qualitätskontrollen geben kann.

8. Cannabiskonsumenten werden bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt. Selbst ohne eine berauschte Teilnahme am Straßenverkehr kann Menschen, die Cannabis konsumieren, der Führerschein über das Verwaltungsrecht entzogen werden. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung mit Alkoholkonsum bei der Auslegung der Fahrerlaubnisverordnung auf Landesebene ein? Halten Sie es für notwendig die Grenzwerte nach wissenschaftlichen Kriterien an internationale Standards anzupassen?

Es gibt kein Recht auf Rausch im Straßenverkehr – weder bei Alkohol noch bei Cannabis. Die Bagatellisierung von Rauschfahrten lehnt die NRW-SPD ab. Die damit einhergehenden Fremdgefährdungen im Straßenverkehr haben mit einem verantwortlichen Verhalten nichts zu tun. Wenn wir über eine Gleichbehandlung nachdenken würden, dann würden die Grenzen für den Alkoholkonsum nach unten angepasst und nicht eine Freigrenze für Cannabisfahrten eingeführt werden.

9. Viele drogenpolitische Maßnahmen betreffen eher Bundesrecht. Haben Sie vor, Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit zu vertreten?

Soweit unsere Landesinitiativen bundesweit von Belang sind und / oder eine Änderung der Bundesgesetze erforderlich ist, werden wir dies wie in allen Politikfeldern auch bundesweit und auch über Bundesratsinitiativen vertreten.

10. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Landespartei und Landtagsfraktion in der aktuellen Legislaturperiode?

Da wir eine Legalisierung von Cannabis nicht befürworten, gab es keine entsprechenden parlamentarischen Initiativen von Seiten der NRW-SPD.

11. Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?

Die NRW-SPD wird sich auch zukünftig für eine fortschrittliche Drogenpolitik stark machen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Suchtpotenziale in der Gesellschaft weiterhin minimiert werden. Suchtabhängige müssen entkriminalisiert und Substitutionsmodelle in NRW weiter entwickelt werden.

12. Es werden derzeit unterschiedliche Modelle für die Legalisierung weltweit diskutiert und teilweise erprobt. Die öffentliche Zustimmung für eine Legalisierung steigt derzeit rasant. Die Frage ist nicht mehr so sehr, ob wir legalisieren, sondern wie wir regulieren. Wie sollte Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?

Da wir die Legalisierung von Cannabis nicht befürworten, unterstützen wir auch nicht einen regulierten Markt für Cannabisprodukte.