Radiointerview mit dem Aus- und Fortbildungsradio München, afk M94,5

Interview vom 15.11.2010 des Aus- und Fortbildungsradios München mit DHV-Sprecher Georg Wurth zum Thema Cannabis-Prohibition.

Moderator: Zur Vermeidung von ungewollten Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten gibt es ein unschlagbares Zaubermittel: Abstinenz. Enthaltsamkeit wirkt bei weitem besser als die Anti-Baby-Pille oder ein Kondom. Beim Thema Kiffen liegen die Dinge ähnlich: Was kann man tun, um sich wirksam vor gefährlichen Streckmitteln zu schützen? Wie kann man die Langzeitfolgen von intensivem Konsum vermeiden?  Ganz einfach: Kein Gras rauchen. Konsequenterweise ist es ja auch verboten. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht, denn das Verbot von Marihuana schränkt den Konsum anscheinend nicht ein, argumentiert Georg Wurth, der Sprecher vom Deutschen Hanfverband.

Georg Wurth: Wir haben gerade mal alle Studien, die wir irgendwie greifen konnten, die sich damit beschäftigen, zusammengetragen und die sagen alle, es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Stärke der Repression oder ob überhaupt Repression stattfindet und dem Konsum in der Bevölkerung. Dafür gibt es auch einige Hinweise, z. B. dass in den Niederlanden nicht mehr konsumiert wird als bei uns in Deutschland, obwohl man da einfach in den Laden gehen kann und sich was kaufen, zumindest als Erwachsener. Unter Jugendlichen wird darüber weniger konsumiert als bei uns.  

Moderator: Hierzulande wird das Verbot von Cannabis inzwischen auch oft einfach umgangen. Das geschieht über sogenannte Räuchermischungen wie Lava Red. Diese sind legal, das bedeutet aber nicht, dass sie deshalb auch harmlos und unbedenklich wären. Sie sind vor allem deshalb legal, weil der Staat mit wirksamen Verboten nicht schnell genug nachkommt.

Georg Wurth: Bei Hanf weiß man eben was man hat, diese Substanz ist sehr gut erforscht und wie gesagt, die allermeisten Konsumenten haben damit kein Problem und bei diesen Mischungen, wo Cannabinoide draufgesprüht werden, da weiß man das eben nicht und was ich so an Konsumentenberichten lese und höre, dass Leute halt teilweise sehr lange mit dem Rausch beschäftigt sind, auch mit einer Heftigkeit, mit der sie nicht gerechnet haben oder die ihnen nicht gefällt.

Moderator: Einen Vorteil haben Lava Red und Co. aber dennoch. Denn mit dem illegalen Gras kauft man oft noch ein paar unappetitliche Substanzen ein: Glaskrümel, Vogelsand, Kunststoffteilchen und ähnliches dienen als Streckmittel dazu, die verkauften Päckchen schwerer zu machen, denn Marihuana wird nach Gewicht bezahlt. Diese Streckmittel sind mitunter sehr krebserregend, wenn sie zusammen mit dem Gras geraucht werden. Eine Legalisierung von Cannabis würde auch diese Praxis beenden. Doch daraus wird in Deutschland wohl vorerst nichts. Auch wenn in Kalifornien und einigen europäischen Nachbarländern wie Tschechien und der Schweiz bereits offen über eine Freigabe nachgedacht wird.

Georg Wurth: Also auf eine baldige Legalisierung sehe ich so gut wie gar keine Chancen, weil unter Schwarz/Gelb werden wir das einfach nicht mehr erleben, vielleicht gibt es da ein paar Schritte unterhalb der Legalisierung, mit denen man auch in Deutschland schon mal anfangen kann. Ich habe z. B. gerade eine Petition beim Bundestag eingereicht für Entkriminalisierung der Konsumenten, weil dafür haben sie zumindest auch eine Mehrheit in der Bevölkerung.