Gemeinsam bauen

Die “junge Welt” beleuchtet eingehend den vorliegenden Gesetzentwurf, geht auch auf die Kritik des DHV ein und sprach mit DHV-Geschäftsführer Georg Wurth. 

Der Deutsche Hanfverband (DHV) bezeichnet den Gesetzentwurf als »Meilenstein auf dem Weg zur Reform der Cannabispolitik« in Deutschland. »Hunderttausende Konsumenten waren in den letzten Jahrzehnten von Strafverfahren wegen konsumbezogener Delikte betroffen. Diese unsinnige Repression könnte zum Jahreswechsel ein Ende haben.«² An parlamentarischen Mehrheiten sollte es nicht scheitern. Neben den Regierungsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP unterstützt auch die Linksfraktion eine Entkriminalisierung; gestritten wird, wie umfangreich diese erfolgen soll.

Allerdings formuliert der Hanfverband auch deutliche Kritik. Hauptsächlich werden zwei Aspekte angeführt. Erstens geht es um den im Entwurf formulierten Abstand von 200 Meter, den Anbauvereine und Konsumierende zu Schulen, Kitas, Spielplätzen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen einhalten müssen. Eine interaktive Karte der Berliner Morgenpost zeigt, wie durch diese Vorgabe die räumlichen Möglichkeiten für »Cannabis Clubs« so sehr beschnitten würden, dass in städtischen Ballungsgebieten weder Anbau noch Abgabe praktikabel wäre.³ Allerdings: Durch eine Verringerung der Abstandsregel auf beispielsweise 50 Meter wären flächendeckender Anbau und Konsum möglich. Daran schließt sich der zweite Kritikpunkt an. Es sind hohe Bußgelder für das Unterschreiten der Abstandsregel vorgesehen. Wenn beispielsweise eine Gruppe junger Erwachsener in einem Park im Abstand von 199 Metern zu einem Spielplatz einen Joint raucht, droht ihnen ein Bußgeld in Höhe von bis zu 200.000 Euro. Rücken sie einen Meter weiter, passiert nichts. Absurde Szenen von Polizisten, die lange Messinstrumente über Hecken und Wege legen, wären die Folge. »Weder Konsumenten noch die Polizei können wissen, wo Konsum genau erlaubt ist und wo nicht«, kritisiert der Hanfverband. Hinzu kommt: Wenn ab dem späten Abend Kinder einen Spielplatz längst verlassen haben oder am Wochenende Schulen und Kitas ohnehin geschlossen sind, wirken solche Vorgaben gänzlich unsinnig. Ähnlich ist es bei der maximal zulässigen Höchstmenge von 25 Gramm Cannabis, die für den Eigenbedarf mitgeführt werden darf. Hat jemand ein Gramm zu viel in der Tasche, drohen bis zu drei Jahre Haft.

Der Geschäftsführer des DHV, Georg Wurth, plädiert deshalb für einen gänzlich anderen Umgang mit Cannabis. »Letztlich geht es doch darum, Millionen Konsument*innen den normalen Verbraucherschutz eines modernen Industriestaates zu gewähren, ohne die Risiken des Konsums aus den Augen zu verlieren.«⁴ Wurth weist auf die Unterschiedlichkeit in der Behandlung legaler und illegaler Substanzen hin. »Wir sollten für Cannabis keine harten Regeln und Grenzen festlegen, die wir nicht zumindest perspektivisch auch für Alkohol fordern.« Besitzobergrenzen in der Öffentlichkeit und zu Hause lehnt er ab. Er fordert die Möglichkeit eines kommerziellen Verkaufs in Geschäften sowie Onlinehandel, sofern eine ernsthafte Altersprüfung bei Bestellung und Übergabe gewährleistet ist. An einigen Punkten schlägt Wurth sogar strengere Regulierungen vor, als es derzeit bei Alkohol der Fall ist. Während Schnaps, Wein und andere alkoholische Getränke in Supermärkten oder Tankstellen teilweise neben Süßigkeiten und Spielsachen angeboten werden, sollte Cannabis ausschließlich in lizenzierten Fachgeschäften angeboten werden.