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Das böse P-Wort- Hobbygärtner sind keine Profis

Liest man heutzutage eine Meldung über ertappte Hanfbauern,  fällt das Wort “Plantage” in fast jedem Artikel zum Thema Eigenanbau schon fast schon zwangsläufig, sei die aufgefundene Menge an Pflanzen auch noch so klein. Eine Plantage ist laut Wikipedia “[…] ein forst- oder landwirtschaftlicher Großbetrieb, der sich auf die Erzeugung eines Produktes (Monokultur) für den Weltmarkt spezialisiert hat.” Zumindest diese Definition trifft auf das Gros der als Cannabis-Plantagenbetreiber Abgestempelten nicht zu.

 
Ab 20 ist es eine Plantage

In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2013 wird zwischen Klein, Mittel- und Großplantagen sorgfältig unterschieden. Kleine haben 20 oder mehr Pflanzen, mittlere 100-1000 und Großplantagen mehr als 1000 Cannabispflanzen. Die fast 4000 Kleinstgärtner, die 2013 mit weniger als 20 Pflanzen erwischt wurden, unterschlägt die von der Bundesdrogenbeauftragten und vom BKA vorgestellte “Rauschgiftlage 2013” dann jedoch.  Die über 3900 angeklagten Selbstversorger werden nur in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2013 aufgeführt.  Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung erwähnt die geschönte Statistik zum Cannabisanbau mit keinem Wort. Wir haben der Grafik des BKA zum Cannabisanbau unsere eigene gegenüber gestellt, die auch die enttarnten Kleinstgärten mit weniger als 20 Pflanzen berücksichtigt. Das ist der große blaue Balken, der alles andere winzig erscheinen lässt.

Links: Mit Selbstversorgern                                        Rechts: Die gleiche Statistik ohne die Kleinstgärtner

Den Medien und Polizei-Pressesprechern hingegen ist es offensichtlich egal, wie viele Pflanzen angebaut werden oder ob der illegalisierte Anbau überhaupt je den Schwarzmarkt erreicht hätte. Fast jeder Selbstversorger ist Besitzer einer Cannabis-, oder schlimmer noch Haschplantage, so wie dieser Unglücksrabe, bei dem eine Pflanze ausgereicht hat, von der “Märkischen Allgemeinen” als Betreiber einer “Plantage” bezeichnet zu werden. Googelt man das während der Kolonialzeit eingedeutschte Wort, wird das ganze Ausmaß der Misere bewusst. Im deutschsprachigen Netz scheint das Wort Plantage mittlerweile untrennbar mit den Schlagworten Hanf, Cannabis, Marihuana oder Haschisch verknüpft, Bilder, News oder Einträge zu herkömmlichen Plantagen stehen bei den Suchergebnissen meist ganz hinten.  Zwar werden unser täglich Brot, das Gemüse und diverse Zierpflanzen wirklich auf “Plantagen” angebaut, in diesem Zusammenhang fällt der Begriff aber höchst selten.

Latente Unterstellung oder Ingnoranz?

Man könnte einfach behaupten, es sei doch egal, wie das Kind heißt und die Medien seien eben nur an Schlagzeilen interessiert. Die meisten dieser Meldungen gehen jedoch auf Pressemeldungen der Polizei zurück, die von lokalen Medien oft wortgleich oder wenigstens sinngemäß zitiert werden. Den Ermittlern ist natürlich schon eher daran gelegen, auch Kleinstbauern in einem medial zweifelhaften Licht erscheinen zu lassen, so dass ihr Vorgehen gegen kleine Selbstversorger in der Öffentlichkeit zu rechtfertigen ist und die Budgets weiterhin bewilligt werden. Neben dem bösen P-Wort, das dem Ertappten per se Gewinnstreben, professionelle Planung und einen hohen Organisationsgrad unterstellt, werden bei Kleinstgärtner auch für herkömmliche Baumarkt-Produkte gerne Begriffe wie “professionelles Equipment”, “Spezial-Dünger” oder “Wärmelampe” benutzt. Bei diesen oft zitierten “speziellen Wärmelampen” handelt es sich um herkömmliche Glühbirnen zur Beleuchtung von Straßen oder öffentlichen Plätzen. Fakt ist, dass so eine angeblich hoch professionelle Ausrüstung für Selbstversorger heute schon für ein wenig über 200 Euro bei ebay zu haben ist und sicher nicht zum Profi-, sonder höchsten zum Hobby-Anbau im kleinen Rahmen geeignet ist.

Fakt ist aber leider auch, dass solche Kleinstbauern immer härter als Konsumenten, manchmal sogar wie Dealer bestraft werden, weil auch fünf oder zehn Pflanzen mehr als 7,5 Gramm THC enthalten, was nach deutschem Recht auf keinen Fall als geringe Menge zum Eigenbedarf gelten kann. In den Zahlen, die jährlich der Presse präsentiert werden, werden so aus fast 4000 Kleinstgärtnern dann meist Besitzer einer nicht Geringen Menge.

Grafik Growing imeline

Kommentare

Eine Antwort zu „Das böse P-Wort- Hobbygärtner sind keine Profis“

  1. Anonymous

    RE: Das böse P-Wort- Hobbygärtner sind keine Profis
    Es steckt vermutlich noch mehr hinter diesem für einen Hypnose- oder NLP Spezialisten sicherlich nicht ungeplant stattfindenden Sprachgebrauch, denn der Begrifflichkeit “Plantage” haftet immer noch ein zutiefst negativ emotiver Gehalt an, der das Wort gerade für die kulturell-literarisch bewanderten Bevölkerungsteile mit Affinität zu den großen Volksparteien in die unmittelbare Nähe von Sklavenhandel, Unterdrückung und Ausbeutung rückt. Fair gehandelten Cannabis würde man darum weniger von einem Plantagenbesitzer, sondern eher von einer Agrargenossenschaft oder einer die Bauern prozentual beteiligenden Aktiengesellschaft erwarten. All diese Feinheiten des Wortschatzes sind sorgfältigst abzuwägen, wenn das kitschig-romantische Klischeé vom kleinkriminellen Huckleberry Finn und seinem vogelfreien Kumpel Nigger Jim in der Drogenpolitik endlich für alle Zeiten den Mississippi runtergehen und im Sonnenuntergang entschwinden soll…

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