Landtagswahlen 2011 in Rheinland-Pfalz

Informiert Sie über die Programme und Aktivitäten der Parteien zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 27.03.2011 und gibt eine Wahlempfehlung. Schwerpunkt der Betrachtungen ist die bisherige und zu erwartende Drogenpolitik, insbesondere bezüglich Cannabis.

Gliederung

Vorbemerkung

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht.
Die Drogenpolitik verrät vielmehr Grundsätzliches darüber, ob eine Partei den Bürger eher als selbstbestimmtes Individuum sieht oder als lenkbares Schaf, das von der Obrigkeit vor bösen Einflüssen beschützt werden muss (und kann!).


Ausgangslage

Die SPD regiert seit 1991 in Rheinland-Pfalz, seit 2006 mit einer absoluten Mehrheit. Der Ministerpräsident Kurt Beck steht seit 1994 der Regierung vor und war von 2006 bis 2008 Bundesvorsitzender der SPD. Eines seiner zentralen Projekte ist der inzwischen gescheiterte Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, der auch zu Zugangsbeschränkungen für drogenpolitische Seiten wie die unsrige bedeutet hätte.

Die Zahl der BtMG Delikte war 2009 auf historischem Höchststand, was auf anhaltend hohen Repressionsdruck schließen lässt:

20 Jahre SPD - 380% mehr Repression, keine lebensrettenden Drogenkonsumräume, keine Spritzenautomaten

Bei der letzten Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Jahr 2006 erreichten die Parteien folgende Ergebnisse:

SPD45.6 Prozent
CDU32.8 Prozent
FDP8.0 Prozent
GRÜNE4.2 Prozent
WASG2.6 Prozent

Nach aktuellen Umfragen kommt die SPD auf 40%, die CDU auf 35% und die Grünen auf 10%. Die FDP liegt mit 5-6% knapp vor der LINKEN mit 4-5%. Vermutlich kommt den Grünen die Aufgabe zu, zu entscheiden welche der beiden großen Parteien den Ministerpräsidenten stellen wird. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gilt das Verhältnis zwischen der Beck-SPD und den Grünen als angespannt.

Wahlbeteiligung 58.2 Prozent – der historisch niedrigste Wert für Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz
 

Bilanz der letzten fünf Jahre unter SPD-Alleinregierung

Der sozialdemokratische Justizminister Heinz Georg Bamberger hat im Sommer 2007 die Geringe Menge, bis zu der Cannabis-Strafverfahren eingestellt werden können, gemäß §31a BtMG von 10 auf 6 Gramm herunter gesetzt. Er begründet dies mit der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, eine bundeseinheitliche Regelung zu schaffen:

„Mit der Absenkung tragen wir den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung und unterstützen die Bestrebungen zur bundesweiten Vereinheitlichung der Strafverfolgungspraxis im Bereich der Betäubungsmitteldelikte. Immer mehr Bundesländer legen den Grenzwert beim Besitz von Cannabisprodukten auf 6 Gramm fest“ so Bamberger in einer Pressemitteilung.

Dieser bundeseinheitliche Minimalkonsens bedeutet maximale Repression, denn 6 Gramm ist bundesweit die niedrigste Geringe Menge, auf die sich in den letzten Jahren immer mehr Bundesländer geeinigt haben. Die SPD-Alleinregierung in Rheinland-Pfalz ist  die erste Landesregierung überhaupt, die ohne CDU-Beteiligung die Richtlinien zur Anwendung des § 31a BtMG verschärft hat. Das zeigt, dass zwischen SPD und CDU in dieser Frage kaum mehr ein Blatt passt.
 

Die Parteien und ihre Standpunkte

SPD

Bis auf „konsenquente Strafverfolgung“ und „Suchtberatung für Menschen in Armut“ hat die SPD in Rheinland-Pfalz keine neuen Konzepte zur Hand. Nicht verwunderlich, hat sich die SPD in den 20 Jahren an der Regierung für Repression engagiert und am Ende noch die geringe Menge herabgesetzt. Dass es auch anders geht, zeigt der SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen, der gegen den Widerstand von CDU und Springerpresse derzeit eine Erhöhung der Geringen Menge durchsetzt. Die Rheinland-Pfälzische SPD ist jedoch drogenpolitisch absolut unwählbar.

Zum Wahlprogramm der SPD

CDU

Die CDU warnt in ihrem Wahlprogramm vor der Verharmlosung von Drogen in Schulen, möchte junge Menschen vor der Verführung durch Drogen schützen und erwägt, Drogenspürhunde in Strafvollzugsanstalten einzusetzen. Vor der Herabsetzung der geringen Menge hat die CDU der Landesregierung in einer Pressemitteilung vorgeworfen, sie würde durch ihr Nichthandeln Haschisch-Konsum verharmlosen.

Zum Wahlprogramm der CDU

FDP

Die FDP versteht Sucht- und Drogenpolitik als Teil der Gesundheitspolitik und stellt vor allem Prävention, Therapie und gesellschaftliche Reintegration in der Fokus ihres Programms. In die Formulierungen kann man jedoch so ziemlich alles hineinintepretieren:

Die FDP stellt sich offen, d.h. vor allem ideologiefrei, allen Fragenkomplexen bezüglich stoffgebundener und nicht stoffgebundener Abhängigkeitsformen (z.B. Wett-, Spiel- und Onlinesucht). Die FDP beteiligt sich an der Entwicklung nachhaltiger,  zukunftsorientierter Konzepte zur konstruktiven Bearbeitung dieser wichtigen gesamtgesellschaftlichen Problemstellungen.

Außer den liberalen Lippenbekenntnissen findet man wenig Brauchbares. Es fehlen konkrete Positionen zur geringen Menge, zur Führerscheinpraxis oder zu Drogenkonsumräumen. Und es ist anzunehmen, dass für die FDP „offen“ heißt, dass sie sich an den Wünschen des Koalitionspartners orientiert.

Zum Wahlprogramm der FDP

LINKE

Die LINKE ist momentan nicht im Landtag vertreten, hofft aber auf einen Einzug. Im Wahlprogramm finden sich keinerlei drogenpolitische Positionen. Auf Nachfrage des DHV wurde uns mitgeteilt, dass auf dem Programmparteitag zwei Anträge zur Drogenpolitik behandelt und an den Parteirat verwiesen wurden. Man versichert uns, das Fehlen einer eigenen Position zu korrigieren und verspricht, zu diesem Thema Veranstaltungen zu organisieren. Besonders angesichts guter Programme der LINKEN in anderen Bundesländern kann das nur als Enttäuschung gewertet werden.

Zum Wahlprogramm der LINKEN

GRÜNE

Die GRÜNEN beziehen klar Stellung und fordern ein „grundlegendes Umdenken in der Drogenpolitik“. Sie kritisieren die Herabsetzung der Geringen Menge durch die SPD und die Führerscheinpraxis:

Rheinland-Pfalz ist bei der Verfolgung von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz in Bezug auf Drogen wie Cannabis eines der restriktivsten Länder. So hat Rheinland-Pfalz 2007 die Obergrenze für Haschisch oder Marihuana zum Eigenverbrauch gesenkt. Wir setzen uns jedoch ein für die Entkriminalisierung von Konsumentinnen und Konsumenten und deshalb für die geregelte Legalisierung von Cannabis unter Beachtung des Jugendschutzes. Als ersten Schritt wollen wir die Eigenkonsumgrenze im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben ebenso korrigieren wie die Verfolgung von Cannabisbesitz im Straßenverkehr. Wer nicht berauscht am Straßenverkehr teilnimmt, behält den Führerschein. Wer Cannabis nur zum Eigenverbrauch besitzt, soll nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Außerdem möchten sich die GRÜNEN nach eigenem Bekunden für Heroinsubsitution, Spritzenautomaten und Drogenkonsumräume einsetzen.

In der laufenden Legislaturperiode konnten die GRÜNEN keine Anfragen im Parlament stellen, weil sie nicht mit einer Fraktion vertreten sind. Allerdings haben die GRÜNEN 2003 eine umfassende große Anfrage mit 98 Fragen zur Drogenpolitik eingebracht, davon alleine 8 zur Legalisierung von Cannabis.

Zum Wahlprogramm der GRÜNEN

Zusammenfassung

Am besten aufgestellt sind auf jeden Fall die GRÜNEN, auch wenn wir uns mehr Engagement im der Oppositionsarbeit gewünscht hätten. Als drogenpolitisch liberales Korrektiv könnten sie in einer Koalition die SPD zur Vernunft bringen. Wegen der nichtssagenden LINKEN fällt unsere Wahlempfehlung diesmal eindeutig zugunsten der GRÜNEN aus. Die FDP präsentiert sich liberal, hält sich aber alles offen und würde auch den SPD-Hardliner Kurs fahren, wenn dafür eine Regierungsbeteiligung herausspringt. Die LINKE diskutiert noch intern. Eine Stimme für die LINKEN ist ein drogenpolitisches Glücksspiel. Vielleicht kann sich der Landesverband ja bald zu einer fortschrittlichen Beschlusslage durchringen. CDU und SPD sind für Hanffreunde mal wieder unwählbar.
 

Schlussbemerkung

Und nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss. Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat! Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm! Gerade in Bezug auf Grüne und Linke ist das wichtig, da sie gute Ansätze zeigen, aber scheinbar noch nicht ganz begriffen haben, wie gut sie mit diesem Thema punkten können. Es reicht ein Dreizeiler wie:

“Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

Die Email-Adresse der Grünen lautet

“Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil ich hoffe dass die sich für eine Entkriminalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema die nächsten vier Jahre auch voranbringen!”

Die Linken erreicht man unter und die FDP unter

“Ich hätte mir vorstellen können, sie dieses Jahr bei der Landtagswahl 2011 zu wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand genommen.”

Die Verbotsparteien CDU und SPD sind zu erreichen über die Email-Adressen (Landesgeschäftsführer CDU Rheinland-Pfalz) und