Das ist restriktiv, geht aber in die richtige Richtung

Die Junge Welt sprach mit Georg Wurth über seine Einschätzung des beschlossenen Eckpunktepapiers.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD stellte jüngst ein Eckpunktepapier für die Legalisierung von Cannabis vor, vergangene Woche gab das Bundeskabinett grünes Licht. Was ist geplant?

Cannabis soll nicht mehr im Betäubungsmittelgesetz auftauchen und der Handel umfassend reguliert werden. Nur so können die Konsumenten vor gefährlichen Verunreinigungen geschützt werden. Statt dessen soll Cannabis zukünftig legal angebaut und in Fachgeschäften verkauft werden können. Seit dem geleakten Zwischenstand und der daran anschließenden Diskussion hat sich in dem offiziellen Papier aus unserer Sicht einiges verbessert: So ist zum Beispiel keine THC-Obergrenze für Cannabisprodukte mehr geplant, die legale Eigenverbrauchsmenge könnte von 20 auf bis zu 30 Gramm angehoben werden, und es sollen drei statt zwei blühende Pflanzen plus Stecklinge pro Person erlaubt werden. Das ist uns zwar immer noch zu restriktiv, geht aber in die richtige Richtung.

Welche Punkte sehen Sie kritisch?

Bei der Führerscheinfrage ist keine Lösung in Sicht. Im Moment trifft die Repression massenhaft nüchterne Cannabiskonsumenten, die mit Resten vom Vortag im Blut unterwegs sind. Das Problem sind die viel zu niedrigen Grenzwerte. Wir sind davon ausgegangen, dass der THC-Grenzwert noch vor der Legalisierung angehoben wird. Verkehrsminister Volker Wissing drückt sich aber vor der Verantwortung. Das wirft kein gutes Licht auf die FDP, die sich mit dem Thema eigentlich profilieren könnte. Davon abgesehen haben wir noch an vielen Stellen Diskussionsbedarf. Insbesondere fehlen in den Eckpunkten noch Regelungen zu sogenannten Anbauklubs, als wichtiger Baustein bei der Versorgung mit sauberen Hanfblüten.

Sehen Sie den Schutz junger Menschen genügend beachtet?

Mir scheint die Bedrohung junger Menschen fortzubestehen. Für sie wird das Verbot nicht aufgehoben. Statt dessen wird eine Zwangsberatung ins Gespräch gebracht, wenn nichtvolljährige Personen beim Konsum erwischt werden. Solange das bei Alkohol jedoch nicht der Fall ist, halten wir das bei Cannabis nicht für gerechtfertigt. Die zumindest angedachte Deckelung des THC-Gehalts für junge Erwachsene bis 21 Jahre würde eher dazu führen, dass sich junge Konsumenten weiter fragwürdige Ware auf dem Schwarzmarkt besorgen. Grundsätzlich wäre die Umsetzung dieses Konzepts aber auch für den Jugendschutz besser als die jetzige Situation.

Wo steht die Bundesregierung damit im internationalen Vergleich?

Im offiziellen Eckpunktepapier fällt auf, dass der Onlinehandel gestrichen wurde, der in den USA und in Kanada möglich ist. Wenn sichergestellt ist, dass es verlässliche Alterschecks gibt, wäre das aber durchaus sinnvoll. Darüber hinaus ist ein allgemeines Werbeverbot geplant. Grundsätzlich ist das eine gute Idee. Es sollte jedoch in den entsprechenden Shops oder Fachzeitschriften möglich sein, auf die Produkte aufmerksam zu machen. Deutschland folgt hier eher Kanada als den US-Staaten.

Wie machbar erscheint Ihnen eine Legalisierung angesichts der kontroversen innenpolitischen Debatte?

Für mich ist das derzeit größte Risiko der von den unionsgeführten Ländern dominierte Bundesrat. Da es vermutlich ein Zustimmungsgesetz wird, besteht die Gefahr, dass es daran scheitert. Momentan äußern sich alle Ministerpräsidenten und Landesminister von CDU und CSU ablehnend zur Legalisierung. Das spricht sehr für eine Blockadehaltung.

Braucht es mit der Legalisierung insgesamt mehr Präventionsangebote für Suchtabhängige?

Es wäre auch abseits der Legalisierung sinnvoll, mehr für Prävention, Hilfe und Behandlung auszugeben als für Leute, die mit Drogenkonsum nicht klargekommen sind. Die Legalisierung erleichtert das Ganze nur, da mehr Geld in der Kasse ist. Man wird weniger ausgeben für die Kriminalisierung und Repression sowie gleichzeitig höhere Steuereinnahmen haben. Damit wird man sich diese Hilfsmaßnahmen in größerem Umfang leisten können. Auch die wegfallende Tabuisierung erleichtert es den Betroffenen, sich in Hilfe zu begeben.