Leserbrief zum Focustitelthema -Sucht an der Schule-

Sehr geehrte Focus-Redaktion!

Im Grunde finde ich es gut und wünschenswert, wenn der zunehmende Genussmittelkonsum von Jugendlichen thematisiert wird. Je eher der Einstieg stattfindet und umso heftiger konsumiert wird, desto größer wird das Risiko, dass eine Droge zum Problem werden kann. Das gilt auch für Cannabis.

Wenn allerdings der “Focus” auf die Fälle gerichtet wird, die einen problematischen Konsum aufweisen, in einer Klinik landen oder regelmäßig in der Schule kiffen, ist das eine Verzerrung der Realität. Außerdem macht es wenig Sinn, die Existenz solcher Fälle als Argument für ein Cannabisverbot zu werten. Schließlich tauchen diese Fälle eben auch in der jetzigen Zeit auf, in der das Cannabisverbot existiert und immer noch vielen Konsumenten zusätzliche Probleme beschert. Es gibt keine Hinweise dafür, dass die Cannabisrepression den Konsum verringert.

In einem legalen Markt könnte man wenigstens den Handel weitgehend auf lizensierte Abgabestellen reduzieren, die Qualität der Produkte und eine vernünftige Beratung sicherstellen und eine Gebrauchsanweisung mit Wirkstoffangaben, Warnhinweisen etc. mitliefern. Außerdem kann so überhaupt erst versucht werden, eine Altersgrenze für den Jugendschutz einzurichten. Besser als der völlig freie Schwarzmarkt ist das allemal.

Wenn so eine Titelstory dann noch mit allerlei Halbwahrheiten und hanebüchenem Unsinn über THC-Gehaltsangaben oder angeblich von Cannabis zerstörte Gehirnzellen garniert wird, spricht das nicht gerade für seriösen Journalismus.

Georg Wurth

In seiner Ausgabe Nr. 43 vom 18.10.2004 wurde der Leserbrief vom Focus auf den Seiten 130/131 abgedruckt.